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  • Gefangenenhaus Ostertorwache - Geschichte 1

Dokumentationsstätte Gefangenenhaus Ostertorwache

Vom Hurrelberg zum Zwinger. Bremische Gefängnisse in älterer Zeit

Als ältestes Gefängnis begegnet seit dem 15. Jahrhundert in Bremen der sogenannte Hurrelberg.
Es befand sich in der Hakenstraße auf der Rückseite der Ratsapotheke, also in unmittelbarer Nähe der Gerichtsstätte am Rathaus. Unter Gefängnis verstand man früher jede Art von Gefangenschaft oder amtlicher Verwahrung von Personen. So wurde der Begriff häufig im Zusammenhang mit Untersuchungshaft gebraucht, d.h. mit der gefänglichen Unterbringung eines Angeklagten bis zu dessen Verurteilung.
Die Freiheitsstrafe begegnet als gesetzliche Strafe im Mittelalter eher selten. Zwar gab es schon im langobardischen und im angelsächsischen Recht für Diebstahl die Haftstrafe, in der Regel diente die Kerkerstrafe aber als Gnadenstrafe anstelle einer eigentlich verwirkten Todesstrafe.
Erst im Verlauf des 14. Jahrhunderts vollzog sich in den deutschen Städten eine neue Entwicklung. Freiheitsstrafe wurde jetzt als Ersatzstrafe bei Zahlungsunfähigkeit einer verhängten Geldstrafe angewendet, aber auch als selbständige Strafe bei verschiedenen Delikten. Sprachlich bildeten sich die Begriffe "Strafhaft" und "Strafhäftling" aus. Seit dem 16. Jahrhundert begann man in Holland und in England mit der Einrichtung von Zuchthäusern, zunächst zur Unterbringung von Bettlern und Arbeitsscheuen, dann aber auch von Verbrechern. Dahinter stand der Gedanke, Straffällige durch Arbeit und harte Zucht bessern zu können. Erziehung und Besserung als Strafzweck setzten sich aber erst in der Aufklärung des 18. Jahrhunderts durch. In Bremen gab es bereits seit 1606 ein Zuchthaus, es war vielleicht sogar das älteste in Deutschland. Zwischen 1698 und 1702 entstand dann das große Armen- und Zuchthaus bei St. Stephani an der Weser.
Mit dem Erlass des Allgemeinen Preußischen Landrechts wurde die Freiheitsstrafe Ende des 18. Jahrhunderts zur herrschenden Strafform in Deutschland.
In Bremen benutzte man um diese Zeit vorallem die Türme der Stadtbefestigung als Gefängnisse. 1771 sollen es um die 40 davon gewesen sein. Ihr Zustand war dürftig und menschenunwürdig und führte dazu, dass der Rat im Dezember 1781 eine Kommission einsetzte, die die Zustände der bremischen Gefängnisse untersuchen sollte.
Der ein Jahr später vorgelegte Bericht nannte als Gefängnisse vor allem die Ostertor-Wache, den Zwinger, die Marterburg, die Glocke, den Imken-Turm bei der Bischofsnadel, den Hurrelberg (seit 1787 ein sogenannter Festungsturm an der Ostertorswallstraße), die Hohetors-Wache, die Buntentors-Wache, die Weserbrücken-Wache und den Ansgariitor-Turm als Schuldturm.
Der Rat beschloss eine Verbesserung der vorgefundenen Zustände, doch scheinen diese nicht durchgreifender Art gewesen zu sein: "Monuments des siècles barbares" nannten sie die Franzosen, als sie sich 1811 daran machten, in Bremen eine modernere Verwaltung einzuführen.

Hartmut Müller, Mai 2002